Migration
Wir beraten bei migrationsspezifischen Themen im Kontext von grenzüberschreitenden Familiensituationen
Herausforderungen bei Familiensituationen mit Auslandsbezug und Migration
Zur Kernkompetenz des ISD gehört auch der Umgang mit migrationsspezifischen Themen im Kontext von grenzüberschreitenden Familiensituationen und -konflikten. Die Beratungs- und Fallarbeit des ISD umfasst daher auch Fragestellungen zu Familienzusammenführung, unbegleiteten Minderjährigen und weiteren aufenthaltsrechtlichen Aspekten. In seiner Grundsatzarbeit nimmt der ISD auf Probleme Bezug, schafft Aufmerksamkeit für konkrete Herausforderungen und beschreibt Handlungsbedarfe.
Überblick und Vermittlung
Im Einzelfall unterstützt der ISD mit einem Überblick über das Migrationsrecht und der Vermittlung von Einzelpersonen an spezifische Beratungsstellen oder zuständige Einrichtungen. Der ISD kann z.B. bei der Klärung helfen, ob eine Familienzusammenführung im konkreten Fall dem Kindeswohl entspricht. Über das globale Netzwerk kann Kontakt zu ausländischen Fachstellen hergestellt und dadurch Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ein- und Ausreise geprüft werden. Hierbei behält der ISD die Koordination und Kooperation der unterschiedlichen Akteure, wie Jugendamt und Ausländerbehörde, immer im Blick.
Migrationsrecht und Kinder- und Jugendhilfe
Weiterhin berät der ISD bei Fragestellungen an der Schnittstelle des Migrationsrechts zur Kinder- und Jugendhilfe und agiert als Wegweiser in diesem Bereich. Mangelnder Informationsfluss zwischen den Akteuren und fehlende Kenntnis zum Aufgabengebiet und der geltenden Rechtsgrundlagen stellen Hürden für Lösungen im Sinne des Kindeswohls dar. Zudem können sich die beiden Rechtsgebiete aufgrund ihrer unterschiedlichen Schutzrichtungen auch mal widersprechen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Wiedereinreise eines aus Deutschland entführten Kindes ein durch die Entführung ins Ausland erloschener Aufenthaltstitel entgegensteht; oder Familien zur Ausreise aufgefordert werden, während die Kinder in Deutschland Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erhalten.
Um rechtszeitig alle wichtigen Perspektiven zu berücksichtigen und im Sinne des Kindeswohls Widersprüche zu vermeiden, kann der ISD jederzeit zu Rat gezogen werden. Durch die Einbindung, Sensibilisierung und Koordinierung aller wichtigen Akteure kann hierbei wichtige Präventionsarbeit geleistet werden. Im Rahmen von Fachtagungen und Empfehlungen zeigt der ISD konkrete Kooperationsmöglichkeiten für Jugendämter, Ausländerbehörden und weitere Akteure auf und fördert einen fortlaufenden Austausch.
Weitergehende Informationen
Hier finden sie Merkblätter, Handreichungen, Gesetzestexte und Fachbeiträge zum Thema.
Handreichung des Deutschen Vereins für die Akteure im Bereich der Familienzusammenführung
Die weltweiten Wanderungs- und Fluchtbewegungen der letzten Jahre haben unter anderem auch dazu geführt, dass Familien oftmals nicht als Einheit migrieren oder flüchten können, sondern sich in verschiedenen Ländern oder auch Kontinenten aufhalten. Häufig werden Familien auf der Flucht auseinandergerissen. Die Familie ist der Kern unserer Gesellschaft und ihre Einheit ist durch Grund- und Menschenrechte geschützt. Das Ankommen in Deutschland ist für Menschen schwer, die in Sorge um ihre Angehörigen im Herkunfts- oder Transitland leben. Dennoch gelingt selbst bei eindeutigen Fallkonstellationen – wie z.B. die Zusammenführung der Kernfamilie – und klaren rechtlichen Rahmenbedingungen die Familienzusammenführung von Geflüchteten häufig nicht oder nur stark verzögert. So vergeht oftmals wertvolle Zeit, bis die/der richtige Ansprechpartner/in gefunden ist. Für viele Fachstellen (Behörden und Beratungsstellen) sind Fragestellungen zum Thema Familienzusammenführung eine neue Herausforderung. Vor diesem Hintergrund legt der Deutsche Verein diese Handreichung für die Zusammenarbeit der Akteure im Bereich der Familienzusammenführung vor. Sie gibt Informationen zum rechtlichen Rahmen, zu Zuständigkeiten, formuliert Verfahrensabläufe und benennt Ansprechpartner/innen.
Fachbeitrag: Die Besonderheiten der Kafala im Kontext des internationalen Familien- und deutschen Migrationsrechts
Die Kafala stellt das Gegenstück zur Adoption im arabischen Rechtsraum dar. Global zeichnet sich ein Wille zur Anerkennungsfähigkeit alternativer Betreuungsformen ab, der jedoch am nationalen Aufenthaltsrecht Grenzen erfährt. Denn: Wer nicht leibliches oder adoptiertes Kind von stammberechtigten Personen ist, der genießt auch nicht das Privileg des Familiennachzugs. Andererseits soll nach arabischem Rechtsverständnis durch eine Kafala eben kein Familienband entstehen. Obgleich es nach derzeitiger Rechtslage keine einheitliche Umgangsweise mit Kafala-Konstellationen geben kann, so versucht der Beitrag doch über ein Grundverständnis für das Rechtsinstitut hinaus Mindestanforderungen für am Kindeswohl orientierte Einzelfalllösungen zu vermitteln.
Viola Rentzsch, Marc Bauer und Lina Rees: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. (NDV), 2/2023
Stellungnahme der Geschäftsstelle des Deutschen Vereins zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher
Der Deutsche Verein begrüßt, dass im Referentenentwurf betont wird, dass unbegleitete ausländische Minderjährige zu den „schutzbedürftigsten Personengruppen überhaupt“ gehören und dass „diese Kinder und Jugendlichen nach dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen (UN-Kinderrechtskonvention) ein Recht darauf [haben], dem Kindeswohl entsprechend untergebracht, versorgt und betreut zu werden …“ Damit folgt der Referentenentwurf auch der im Koalitionsvertrag verankerten Selbstverpflichtung, „jede politische Maßnahme und jedes Gesetz daraufhin [zu] überprüfen, ob sie mit den international vereinbarten Kinderrechten im Einklang stehen“ und für unbegleitete ausländische Minderjährige „den Vorrang des Jugendhilferechts fest[zu]schreiben“. Positiv am Schutzkonzept des Referentenentwurfs hebt der Deutsche Verein insbesondere die vorgesehene Anhebung der Handlungsfähigkeit von 16 auf 18 Jahre in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren hervor sowie die Klarstellung des Primats der Kinder- und Jugendhilfe für unbegleitete ausländische Minderjährige. Ebenfalls positiv zu werten ist, dass der Referentenentwurf Regelungen trifft, die dazu dienen, soziale Bande außerhalb der Kernfamilie zu schützen und zu erhalten. Dies entspricht dem Grundprinzip des Kindeswohlvorrangs. Allerdings weist der Deutsche Verein gleichzeitig darauf hin, dass in dem vorliegenden Referentenentwurf dem in Art. 3 UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Kindeswohlvorrang möglicherweise nicht durchgängig Rechnung getragen wird. So wird nicht deutlich, dass unbegleiteten ausländischen Minderjährigen von Anfang an unabhängige Vertreter/innen zur Seite stehen müssen, die ihren wirksamen Schutz sicherstellen. Unklar ist außerdem, auf welche Art und Weise Beteiligungsrechte unbegleiteter ausländischer Minderjähriger gewährleistet werden und damit der Kindeswille bei grundlegenden Entscheidungen berücksichtigt wird. Die im Referentenentwurf angelegte Verbesserung der Datenlage sowie die Evaluationspflicht begrüßt der Deutsche Verein. Denn damit wird nicht nur die Datenlage zwecks Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfeleistungen in diesem Bereich verbessert, sondern auch eine valide Grundlage dafür geschaffen, in Zukunft die Lasten für die Versorgung von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen gerechter zu verteilen. Auch unterstützt der Deutsche Verein das Ziel des Referentenentwurfs, die Belastungen unter den Kommunen gerechter zu verteilen. Er bedauert jedoch, dass der Bund im Referentenentwurf eine finanzielle Unterstützung von Ländern und Kommunen bei der Betreuung und Versorgung von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen ausdrücklich ablehnt.