Geschichte
2024 wird International Social Service 100 Jahre alt - ein Jahrhundert Internationale Soziale Arbeit
Der Internationale Sozialdienst blickt auf eine bewegte Geschichte mit vielfältigen und sich wandelnden Aufgaben zurück. Im Mittelpunkt stehen heute wie früher die Bemühungen, Familien und insbesondere Kinder bei der Bewältigung von durch grenzüberschreitende Migrationsbewegungen bedingte Herausforderungen zu unterstützen.
Zum 90 Jahrestag des ISD 2020 erschien dieser Artikel:
1924 ISS Gründung
Mit den Bestrebungen Familien aus Mittel- und Osteuropa, die mit dem Ziel der Auswanderung in die USA an den französischen Häfen der Atlantikküste „hängen blieben“ oder getrennt wurden zu helfen, beginnt die Einzelfallarbeit deren Grundsätze für ISS bis heute Bestand haben. Im Jahr 1924 wird mit Generalsekretariat in Genf, der Gesamtverband mit dem Namen „International Migration Service“ gegründet.
1930 ISD Erstgründung
In verschiedenen europäischen Ländern und auch in Deutschland zeigt sich führenden sozialen Fachkräften die Notwendigkeit einer grenzüberschreitenden Fallarbeit mehr und mehr. Unter Beteiligung des Reichs-Innenministeriums wird formal durch eine Gründungsversammlung am 17.März und Eintragung ins Vereinsregister Berlin am 20.Juni 1930 der Verein „Internationale Auswandererhilfe“ gegründet. In §2 der Satzung wird festgehalten, dass die Arbeit „sowohl in politischer als auch confessioneller Hinsicht auf unparteiischer Grundlage“ erfolgen soll.
1937 Streichung der politischen Unparteilichkeit
Mit Eingliederung in die N.S. Volkswohlfahrt, welche große Teile der Finanzierung und auch den Vorsitz übernimmt, wird die Satzung abgehändert, die Unparteilichkeit wird entfernt. In der Folge stellt der Gesamtverband ISS die formale Zugehörigkeit infrage und trennt sich später von der Deutschen Zweigstelle. Auf Arbeitsebene bleiben aber Beziehungen bestehen und es wird weiterhin versucht, in Einzelfällen mit den Zweigstellen anderer Länder, zumindest in Frankreich, Polen und Australien, zusammenzuarbeiten.
1946 Wiederaufnahme der Tätigkeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Bedarf grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Kontext von Kinderschutz und Familienhilfe enorm. Die der ISS-Tätigkeit verbundenen Fachkräfte in Deutschland unterstützen neben Rückführungen insbesondere die aufwühlenden Fälle nichtdeutscher Kinder, häufig Nachkommen von nach Deutschland verschleppten Zwangsarbeiterinnen, die in Pflegefamilien in Deutschland oder Österreich untergebracht sind und deren Eltern oder nahe Verwandte im Ausland gefunden werden.
1956 Neugründung
Während viele Arbeitsbeziehungen bereits Anfang der 50er Jahre wieder intensiv genutzt werden, erfolgt erst am 25.6.1956 die Gründungssitzung des neuen Vereins sowie am 27.8.1956 die Eintragung ins Vereinsregister Frankfurt am Main. Der Verein zog in die Räumlichkeiten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V., der bereits in den 30er Jahren Mitglied gewesen war und zu dem von nun an eine enge Verbindung bestand.
1970 Beginn der Adoptions-programme
Auf Ersuchen der in der BRD stationierten US-Armee und der deutschen Jugendbehörden wird das sogenannte US-Adoptionsprogramm eingerichtet. Nach einer offiziellen Vereinbarung mit dem US-Hauptquartier in Heidelberg hat der ISD hierbei die Funktion einer zentralen Adoptionsvermittlungsstelle für alle in amerikanischen Militärhospitälern geborene Kinder die zur Adoption freigegeben wurden. Der ISD berät und überprüft die Adoptionsbewerber/innen und schult die beteiligten amerikanischen Fachkräfte.
1979 Schwerpunkt UmA
Migration ist Gründungsthema des ISD und bestimmt maßgeblich die Arbeit nach dem zweiten Weltkrieg. 1979 wird der ISD vom Bundesfamilienministerium zur Koordinierungsstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Folge der stark gestiegenen Zahlen Geflüchteter insbesondere aus Vietnam und Kambodscha. Seitdem bemüht sich der ISD kontinuierlich um die Erarbeitung von Standards, Schulungen und die Begleitung von Gesetzesentwicklungen.
1980 HKÜ
Das Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) aus dem Jahr 1980 ist ein Meilenstein in der internationalen Kooperation im Kontext von Kindesentführungen. Es ermöglicht erstmals die Beantragung einer Rückgabe entführter Kinder vom Herkunftsland aus. In Deutschland wird das HKÜ 1990 und ratifiziert und es dauert weitere Jahre, bis die Umsetzung gelingt. Ein großer Schritt dazu ist die Einführung von 18 Konzentrationsgerichten für Deutschland und damit die Möglichkeit zur Spezialisierung und besseren Schulung der Richterinnen und Richter. An diesen Schulungen des Bundesamt für Justiz beteiligt sich auch der ISD seit jeher.
ISS hat bei der Haager Konferenz traditionell Beobachterstatus und bringt sich intensiv bei der Erarbeitung internationaler Übereinkommen ein.
1996 KSÜ
Auch am KSÜ, dem Haager Kinderschutzübereinkommen, wirkt ISS maßgeblich mit. Das KSÜ schafft eine völkerrechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit seiner Mitgliedstaaten in Fällen von Kinderschutz und Sorgerechtsangelegenheiten grenzüberschreitend. Es ermöglicht eine deutliche vereinfachte Anerkennung von Beschlüssen aus dem Ausland und erleichtert und beschleunigt dadurch viele Fälle enorm.
2001 Fusion mit dem DV
Der ISD ist nun kein eigenständiger Verein mehr, sondern wird formal im Deutschen Verein, mit dem er lange schon räumlich und fachlich verbunden ist, integriert. Fortan ist der ISD ein Arbeitsfeld im DV, wobei einige Besonderheiten erhalten bleiben, die sich auch in der Satzung des DVs wiederfinden. Als deutsches Mitglied im Netzwerk ISS erfüllt der ISD nach wie vor die Aufgaben und Satzungszwecke von ISS. Sein Fachausschuss, der „Ständige Ausschuss ISD“, ist gleichzeitig „Board“ des ISD Deutschland, und dessen Vorsitzender fungiert im Gesamtverband als Präsident des ISD.
2004 Umzug nach Berlin
Im Jahr 2004 erfolgt der gemeinsame Umzug von Frankfurt am Main nach Berlin. Für den ISD bedeutet das einen erheblichen Einschnitt, da nur sehr wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dies Umzug mitvollziehen um die Arbeit in der Hauptstadt fortzusetzen. In Folge dieser personellen Veränderungen werden einige Arbeitsinhalte verändert bzw. neu strukturiert.
2005 Abgabe der Einzelfallarbeit in der Adoption
Der Umzug der Geschäftsstelle des DV nach Berlin und der damit einhergehende Wechsel eines Großteils der Belegschaft führt zur Abspaltung des bisherigen ISD-Arbeitsbereichs „Einzelfallarbeit in der Adoption und Herkunftssuche“. Dieser wird im Jahr 2005 an den, von ehemaligen Mitarbeiterinnen des ISD neu gegründeten Verein Familie Frankfurt International e.V. (fif), der ebenfalls Mitglied von ISS wird, abgegeben. Fif ist bis heute zugelassene Adoptionsvermittlungsstelle und unterstützt Betroffene bei der Herkunftssuche.
Die Grundsatzarbeit zum Themengebiet Adoption hingegen, z.B. die Begleitung aktueller Gesetzesvorhaben, bleibt Teil der Arbeit des ISD.
2011 ZAnK Mandat
Mit der Mandatierung des ISD im DV als Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte wird das Beratungsangebot für Privatpersonen ausgebaut und intensiv beworben. ZAnK übernimmt eine Lotsenfunktion in Fällen von Kindschaftskonflikten mit Auslandsbezug. In der Folge steigen die Beratungen insbesondere von Elternteilen zu den Themen Kindesentführung, Prävention, Sorge- und Umgangsstreitigkeiten.
2020 90 Jahre ISD
Das 90jährige Bestehen von ISS in Deutschland plant der ISD mit einer großen Konferenz zu feiern. Bedingt durch die Covid-19-Pandemie muss hierauf aber verzichtet werden. Eine kleine Würdigung dieses Jubiläums aber wird im Jahr 2022 im Kontext des Deutschen Fürsorgetags in Essen nachgeholt.